Micke O1, Büntzel J2, Hunger R3, Mücke R4, Kisters K5

1Franziskus Hospital, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Bielefeld; 2Südharzkrankenhaus, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Nordhausen; 3Lürlibadstr. 80, Chur, Schweiz; 4Klinikum Lippe, Strahlen-therapeutische Klinik, Lemgo; 5St. Anna Hospital, Medizinische Klinik I, Herne

Das Elektrolyt Magnesium wird in der Onkologie bisher zu wenig Beachtung geschenkt. Dennoch spielt es auch hier bei zahlreichen physiologischen und pathophysiologischen Prozessen eine wichtige Rolle, wie z.B. in der Antikanzerogenese, der Regulation der DNA- und RNA-Synthese, der Mitose, der Metastasierung, der nukleären Reperaturmechanismen und der Apoptose. Das macht Magnesium gerade auch für die Onkologie sehr interessant. Insbesondere bei onkologischen Therapien, die die Nierenfunktion negativ beeinflussen, wie z.B. Cisplatin, kann es zu ausgeprägten, oft auch behandlungsbedürftigen Hypomagnesiämien kommen. Ein neuer Aspekt hat sich durch die Einführung der Epidermal growth factor receptor (EGFR) Antikörper Cetuximab und Panitumumab in die onkologische Therapie, insbesondere bei kolorektalen Karzinomen, ergeben. Diese führen über eine Interaktion mit dem transient receptor potential cation channel TRPM6 bei der Mehrzahl der behandelten Patienten zu einer klinischen Hypomagnesiämie und in immerhin 10% bis 36% der Fälle zu schweren Grad III/IV Hypomagnesiämien. Dabei zeigte sich interessanterweise ein signifikanter positiver Zusammenhang der Hypomagnesiämie mit dem klinischen Ansprechen auf die Antikörpertherapie sowie einer signifikant besseren Überlebenszeit, wobei der Mechanismus noch weitgehend unklar ist. Möglicherweise liegen ähnliche Faktoren zugrunde, wie wir sie bereits für Hypomagnesiämie und die Strahlentherapie postuliert haben, wie z.B. die Hemmung der DNA-Reparatur in Tumorzellen. Auf jeden Fall scheint auch ein niedriger Magnesiumspiegel unter bestimmten Bedingungen für den Tumorpatienten von Nutzen sein. Weitere klinisch außerordentlich interessante Aspekte von Magnesium finden sich in der Behandlung von Hitzewallungen unter hormonablativer Therapie. Magnesium ist für seine neuro- und vasoaktiven Effekte bekannt. Auch wenn sich im Internet unzählige Hinweise zur Behandlung von Hitzewallungen mit Magnesium finden - allein die Suchmaschine Google fördert mehr als 253.000 Treffer - gibt es bisher aber kaum wissenschaftliche Daten zu diesem Thema. In einer eigenen Pilotstudie mit 6 Patientinnen mit Brustkrebs und deutlichen Hitzewallungen unter Hormonentzugstherapie wurden 300 bis 600 mg Magnesium oral über 4 bis 6 Wochen appliziert. Bei 5/6 (83%) der Patienten kam es zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik. Dabei nahm sowohl die Stärke (Score) als auch die Frequenz der Hitzewallungen signifikant ab. Dies ist sicher ein neuer sehr interessanter Therapieansatz, der weiter verfolgt werden sollte. Der genaue zugrundeliegende Mechanismus muss jedoch noch näher aufgeklärt werden. Weitere Studien in der Literatur unterstützen mittlerweile unsere Ergebnisse. Gerade im Lichte der aktuellen Studiendaten bleibt Magnesium für die Onkologie ein hochinteressantes Ion, dessen verschieden Facetten unbedingt weiter ausgeleuchtet werden sollten.