Micke O1, Büntzel J2, Mücke R3, Kisters K4 1Klinik f. Strahlentherapie u. Radioonkologie, Franziskus Hospital Bielefeld; 2Klinik f. Hals-, Nasen- und Ohrenheilk., Südharzkrankenhaus Nordhausen; 3Strahlentherapeutische Klinik Lemgo, Klinikum Lippe; 4Medizinische Klinik I, St. Anna Hospital Herne; AK Trace Elements and Electrolytes - AKTE

Cisplatin ist eines der am meisten gebrauchten Chemotherapeutica, insbesondere auch bei der Radiochemotherapie einer Vielzahl von Plattenepithelkarzinomen des menschlichen Körpers und hier besonders bei Kopf-Hals-Tumoren. Die Cisplatin-induzierte Tubulotoxizität ist dabei eine sehr häufig beschriebene Nebenwirkung. Abgesehen des Tubulusschadens mit einer akuten Verschlechterung der Nierenfunktion, wird auch ein kumulativer Nierenschaden beobachtet. Dies führt zu einem ausgeprägten Magnesium(Mg)-Mangel und einer ansteigenden tubulären Proteinurie. Eigene klinische Daten von Patienten, die eine kombinierte Radiochemotherapie bestehend aus drei Zyklen mit 60 mg/m² Cisplatin erhalten hatten, zeigten ähnliche Ergebnisse: Serum-Mg und -Kreatinin sowie die szintigraphische Nieren-Clearance wurden bei 77 Patien-ten retrospektiv analysiert und 10 weitere Patienten wurden prospektiv untersucht. Zink, Kreatinin und Mg wurden im 24-Stundenurin und im Serum vor Chemotherapie und am Tag 3 und 6 nach Applikation gemessen. In der retrospektiven Untersuchung fielen die Mg-Werte, das Serumkreatinin stieg an, ebenso wie die szintigraphische Clearance abfiel. In der prospektiven Untersuchung stiegen die Kreatininwerte signifikant und gingen wieder zurück auf Normwerte an Tag 1 des nächsten Zyklus. Die Kreatinin-Clearance sank von 98 ± 13 ml/min auf 29 ± 5,1 ml/min an Tag 3 stieg wieder leicht an auf 52,6 ± 14 an Tag 6. Die frakt. Exkretion von Mg zeigte einen linearen Anstieg von 2,36 % bis 3,3 % an Tag 6 und stieg weiter an bis 3,4 % and 5,3 % während des nächsten Zyklus. Die frakt. Exkretion von Zink lag bei 2,1 bis 2,6 % und blieb konstant. Insgesamt fand sich also ein akuter Abfall der Kreatinin-Clearance, der sich bis Tag 6 nach Cisplatin-Applikation beinahe erholte. Die Mg-Werte sanken signifikant zwischen zwei Zyklen aufgrund einer verstärkten Exkretion, die durch einen persistierenden Tubulsschaden verursacht wird. Die Zinkwerte stiegen jedoch trotz einer konstanten renalen Clearance, was eine erhöthte Freisetzung während der Radiochemotherapie impliziert. In der Literatur gab es verschiedene Berichte über eine Verbindung von Mg und Cisplatin-Nephrotoxizität, z.B. über eine Downregulation des TRPM6/EGF-Pathways. Daher wurde ein potentieller nephroprotektiver Effekt von Mg postuliert. Präklinische experimentelle Daten im Mausmodell zeigten leider inkonsistente Ergebnisse bezüglich einer Nephroprotektion durch eine Mg-Supplementation mit einer möglicherweise bestehenden Geschlechtsdifferenzierung. Trotzdem zeigten drei kleinere klinische Studien (2 prospektive, 1 retrospektive), dass ein Preloading mit Mg eine Cisplatin-induzierte Nephrotoxizität vermeiden kann. Diese Ergebnisse wurden auch von einer eigenen Pilotstudie mit 10 Patienten, die eine cisplatinhaltige Radiochemotherapie mit einer Prämedikation mit Mg erhielten, bestätigt: Bei diesen Patienten fiel der Abfall der Nieremfunktion deutlich geringer aus verglichen mit den obigen Patienten. Schlussfolgerung: Die wichtigste Dosis-limitierende Nebenwirkung einer Chemotherapie mit Cisplatin ist die Nephrotoxizität, die sich meist durch akute und chronische Einschränkung der Nierenfunktion mit Hypomagnesiämie manifestiert. Eine Prämedikation mit Mg scheint einen protektiven Effekt gegenüber einer Cisplatin-induzierte Nephrotoxizität zu haben.