Hunger R Privatpraxis, Chur, Schweiz

Die klinischen Symptome und Zeichen von Magnesiumstörungen sind durch die Störung der Membranerregbarkeit an Herz- und Skelettmuskel sowie Nervensystem geprägt. T.Fehr, R.P.Wüthrich (5). 
-- Der arterielle Teil des Blutkreislaufes ist in zwei Segmente unterteilt. Das erste Segment wird durch quergestreifte Muskelzellen und das zweite durch glatte Muskelzellen angetrieben. Die quergestreiften Muskelzellen im Sinusknoten und li. Ventrikel pressen den Inhalt des li. Ventrikels mit einem Druck von 120 mmHg in die elastische Aorta mit 3.5 cm2 Querschnitt. Die Kraft aus dem li. Ventrikel und die elastischen Kräften aus der Aorta lösen eine Stromwelle und eine Pulswelle aus. In den grossen Gefässen werden die elastischen Fasern sukzessive durch glatte Muskelzellen ersetzt. Die Pulswelle dehnt die Gefässwand. Durch die passiv gedehnte Muskelzellwand dringen Ca Ionen ins Zytosol und lösen den Kontraktionszyklus der Aktomyosin Moleküle aus. Die aktive myogene Reaktion des Bayliss-Effektes (1,2) wirkt der passiven Dehnung entgegen. Diese dehnungsinduzierte Vasokonstriktion verkleinert den Gefässradius während der Pulswelle. Gemäss dem Hagen Poiseuille Gesetz steigt damit der Widerstand und der Druck in den Gefässen. Am Ende der Pulswelle geben die restlichen aktiven Aktomyosin Moleküle der Pulswelle einen Schub peripherwärts, der den normalen Tonus (1,2,3) zwischen den Pulswellen bestimmt. Im Gesamtquerschnitt der Kapillaren von 1700 cm2 sichert der Druck aus Ventrikeldruck und Bayliss-Effekt mit 15 - 25 mmHg eine genügende Gewebedurchblutung. 
-- A. Quergestreifte Muskulatur. 1. Sinusknoten. Mg2+ verdrängt Ca aus dem Troponin C auf den Seiten III/IV und behindert die Querbrückenbildung. Es bleibt mehr MgATP für die Na Pumpe in der Na/K ATPase, welche das Membranpotential stabilisiert und die Ca Kanäle schliesst. Mg2+ verdrängt das Ca aus den Ca Pumpen SERCA und PMCA und verlagert die Ca Ausscheidung zum schnellen Na/Ca Exchange. Die schnelle Ca Ausscheidung bei geschlossenen Ca Kanälen senkt das Ca im Zytosol. Das stabile Membranpotential erzeugt weniger Aktionspotentiale. Die Herzfrequenz sinkt. Bradycardie
2. li.Ventrikel. Mg2+ stabilisiert das Membranpotential und schliesst die Ca Kanäle. Weil weniger Aktionspotentiale aus dem Sinusknoten eintreffen, kann bei einer Behandlung mit hohen Mg2+ Dosen nach 2 – 3 Wochen der Ca Mangel einen heart failure auslösen. Mg2+ blockiert die CaATPasen und der schnelle Na/Ca Exchange beschleunigt die Ca Ausschaffung. Er tauscht ohne MgATP ein Ca Ion gegen 3 Na Ionen, welche die Na Pumpe mit MgATP ausschafft und das Membranpotential stabilisiert. An den 4 Ca Bindungsstellen des Troponin C kann Mg2+ an den Seiten III/IV das Ca verdrängen und die Bildung von Querbrücken behindern. Als Soforteffekt wird der ATP und O2 Verbrauch vermindert. 
-- B. Glatte Muskelzellen. Die Pulswellen dehnen die glatten Muskelzellen. Die Zellwand wird gelockert und für geladene Ionen durchlässig, die den Bayliss-Effekt, die myogene, dehnungsinduzierte Vasokonstriktion, auslösen. In der glatten Muskelzelle löst Calmodulin die Aktomyosin Kontraktion aus. Mg2+ kann das Ca nicht vom Calmodulin verdrängen. Mg2+ verdrängt Ca aus den Ca ATPasen SERCA und PMCA und der Na/Ca Exchange beschleunigt ohne MgATP die Ca Ausscheidung und reduziert die Ca Konzentration im Zytosol. Das Na aus dem Na/Ca Exchange aktiviert die Na Pumpe, stabilisiert das Membranpotential und verschliesst die Ca Kanäle. Die Zelle schafft mehr Ca aus als sie einlässt. Die Ca Konzentration im Zytosol sinkt. Die Zelle hat mehr MgATP, um die kontrahierten Aktomyosin Moleküle zu trennen und die glatten Muskelzellen zu entspannen. Der Innendruck im Gefäss vergrössert den Gefässradius und gemäss dem Hagen-Poiseuille Gesetzt sinkt der Gefässwiderstand und der Druck in den Arteriolen. Damit die Durchblutung der Kapillaren mit einem Gesamtquerschnitt von 1700 cm2 gewährleistet ist, müssen Herzkraft und der Bayliss-Effekt in den Arteriolen mindestens einen Druck von 15 – 25 mmHg aufrechterhalten.
-- Zusammenfassung: Mg2+ stabilisiert das Membranpotential und schliesst die Ca Kanäle. Die Ca Konzentration im Zytosol und der Blutdruck sinken. Die Ca Ausschaffung wird von den Pumpen zum Exchange verlagert und verbraucht weniger MgATP. Mg2+ Mangel destabilisiert das Membranpotential und öffnet die Ca Kanäle. Ca Konzentration im Zytosol und Blutdruck steigen. Mg2+ reduziert den MgATP Verbrauch und ökonomisiert den Zellhaushalt.
-- References (1) Physiologie des Menschen. Schmid, Lang, Heckmann. Springer 2010. (2) Physiologie des Menschen. Rainer Klinke, Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagel. Thieme Verlag 2010. (3) Taschenlehrbuch Physiologie. Thieme 2010. (4) Biochemie. Joachim Rassow, Karin Hauser, Roland Netzker, Rainer Deutzmann. Thieme 2012. (5) Siegenthalers Differentialdiagnose. Herausgegeben von Edouard Battegay. Thieme 2013.